Gestern habe ich einen Anruf von der Presse erhalten (für den Artikel SN vom 12.07.22). Mir wurde mitgeteilt, dass der TV Bergkrug sich bei seiner Jahreshauptversammlung massiv darüber aufgeregt hat, dass wir unseren Saal so kurzfristig den Flüchtlingen zur Verfügung gestellt haben und nun der Zumba, Aerobic und TriLoChi-Kurs nicht mehr stattfinden kann. Es handelt sich um 6 Wochenstunden, die bei uns stattgefunden haben.
Für diese Stunden stellen wir nur Nebenkosten und Reinigungskosten in Rechnung.
Zu Vorgeschichte: Für unsere Veranstaltungen hätte ein einfacher Fußboden im Multifunktionsraum gereicht (keine Mehrkosten für einen Sportboden). Da der TVB einen Sportboden benötigte, haben wir diesen mit eingeplant. Bezahlt haben wir die 32T€. Die Gemeinden Seggebruch und Helpsen haben jeweils einen Zuschuss von 6T€ gezahlt. Der TVB hat sich nicht an den Kosten beteiligt.
Jetzt müssen wir lesen, dass Herr Brützel von den ursprünglich geplanten Vergünstigungen spricht und sich beschwert, dass der TVB diese nicht erhält. „Keine erkennbare Gegenleistung“? Also, wir haben alle Baukosten, für den Sportboden, die Duschen und Umkleiden auf unsere Schultern geladen und bezahlt. Wir hätten keine Duschen und Umkleiden gebraucht. Der TVB zahlt nur Nebenkosten und Reinigung – keine Raummiete. Sind das nicht schon genügend Vergünstigungen?
Ein Jahresbeitrag von 180 geteilt durch 975 Mitglieder, macht 0,18 Cent pro Mitglied. Was soll es dafür noch für Vergünstigungen geben?
Bisher hat der TVB alles auf einem silbernen Tablett serviert bekommen und musste nichts dazu beitragen und sich auch nicht mit der Begleichung von Krediten rumschlagen. Ich finde ein wenig Dankbarkeit wäre hier eher angebracht, als sich darüber aufzuregen, dass es keine weiteren Vergünstigungen geben wird. Der TVB weiß ganz genau, dass wir Nachfinanzieren mussten, da die Baukosten enorm gestiegen sind. Hier müssen wir zusätzliche Kredite begleichen.
Dann lese ich im Artikel „Was ist der Sinn dieser Kooperation?“ Der Sinn ist es unseren Raum günstig zu nutzen und eigentlich waren auch gemeinsame Veranstaltungen geplant. Die letzten Feste in 2021 zu den wir den TVB eingeladen haben, diese mitzugestalten, wurde vom TVB abgesagt.
Es steht natürlich jedem frei eine Kooperation zu lösen oder auch als Mitglied aus dem Verein auszutreten. Das wäre sehr schade, aber wir lassen uns auch nicht so beschimpfen, nur weil der Raum mal vorrübergehend nicht genutzt werden kann.
Eine Kooperation funktioniert in beide Richtungen und wir haben für diese Kooperation wahnsinnig viel auf unsere Schultern geladen. Jetzt kann man auch mal erwarten, dass der TVB uns entgegenkommt und sich mit unseren Zielen und unserer Arbeit solidarisiert und akzeptier, dass die Halle nun mal derzeit nicht verfügbar ist, um Menschen zu helfen, die viel erlebt haben.
Wir dachten eigentlich, die Angelegenheit mit der Aufnahme der Flüchtlinge war endgültig beim gemeinsamen Termin mit dem Samtgemeindebürgermeister geklärt worden. Hier wurde ich, Manuela Tarbiat-Wündsch, eingeladen, da der Vorstand vom TVB Klärungsbedarf hatte.
Die Standpunkte wurden ausgetauscht. Wir haben uns nicht öffentlich zu diesem Termin geäußert.
Jetzt hören wir, dass immer noch auf uns geschimpft wird, weil wir so kurzfristig den Multifunktionsraum geschlossen haben.
Zeitablauf:
Ich hatte am 08.03.22 mit dem Landkreis Schaumburg den Termin vor Ort, um zu klären, ob wir überhaupt weitere Flüchtlinge aufnehmen können. Denn vorher standen immer mal welche vor unserer Tür, oder wir wurden von privaten Hilfsorganisationen und Privatpersonen gefragt, ob wir nicht als gemeinnütziger Verein helfen können. Alles was an Räumlichkeiten ging, haben wir freigemacht und vergeben. Dann blieb nur noch unser Saal, da die Anfragen so zahlreich waren.
Deshalb fand der Termin am 08.03.22 mit dem Landkreis statt. Ab da kann die Zeitrechnung für die Informationsweitergabe beginnen. Dann haben wir am 09.03.22 die Anfrage gestellt. Am 11.03.22 das o.k. gehabt und auch am 11.03.22 die Vereine und Tanzschule informieren lassen. Am 15.3.22 haben wir unsere Absichten bei Facebook veröffentlicht und mit den vorbereitenden Arbeiten begonnen.
Sport konnte dann in der Tat nicht mehr stattfinden und ja, es war kurzfristig. Aber…
…jeder, der Nachrichten guckt und gesehen hat wie viele ukrainische Flüchtlinge angekommen sind und wie schlimm die Lage war und auch noch ist, weiß oder sollte wissen, das auch schnell gehandelt werden muss. Diese Menschen haben viel erlebt. Wir haben sie aufgenommen, fahren sie zu Ärzten, verbringen unsere Wochenenden mit Krankenhausfahrten, damit Angehörige wissen, was mit den Familienmitgliedern passiert, kümmern uns um Rehamaßnahmen, da eine Dame einen Schlaganfall hatte, kümmern uns um Deutschunterricht, suchen nach Psychologen, suchen nach Wohnungen und, und, und.
Das alles machen wir ehrenamtlich (inkl. meiner Person) für 0,– €.
Wir bekommen auch kein Benzingeld oder sonst eine Aufwandsentschädigung. Seit Mitte April bekommen wir Unterstützung von der AWO. Ganz lieben Dank an „unseren“ Mustafa, der uns alle Behördengänge abnimmt. Die Zusammenarbeit mit dem Landkreis Schaumburg funktioniert gut.
Was wir bekommen ist Geld für die Unterbringung und Verpflegung, was ja auch notwendig ist, um die Menschen zu versorgen. Wir müssen die Lebensmittel ja auch kaufen und Heizung, Strom, Müll und alles andere bezahlen. Große Veranstaltungen können derzeit bei uns nicht stattfinden.
Und nun höre ich immer wieder, das uns unterschwellig vorgeworfen wird, wir würden dies nur des Geldes wegen machen. Eigentlich hatte ich das auch schon beim Termin mit dem Samtgemeindebürgermeister und dem Vorstand des TVB erläutert. Ich mache das gerne nochmal. Wir bekommen z.B. für ein Frühstück für einen Erwachsenen 4,80 €. Was denken Sie denn, was man nach Abzug von Wareneinkauf (inkl. der derzeitigen Preissteigerung) und Personal-, Strom- und Heizkosten usw. noch für einen „Mega“ Gewinn davon macht??????
Ich bin sprachlos!
Ist es denn wirklich so schlimm, mal einen Schritt nach hinten zu treten? Mal persönliche Abstriche in seinem Leben für eine gewisse Zeit hinzunehmen, um ein gesellschaftliches Problem zu lösen, bzw. zu lindern. Es ist Krieg in unserer Nachbarschaft! Was würden wir tun, wenn bei uns Krieg wäre? Würden wir nicht auch fliehen? Würden wir uns nicht auch freuen – IRGENDWO – unterzukommen, Luft zu holen, um zu Ruhe zu kommen? Dann kann halt mal kein Sport stattfinden, oder man muss eine andere Lösung finden. Ist das denn schlimmer als alles zu verlieren?
Zum Thema „kurzfristig“:
Auch heute ist es noch so, dass wir einen Anruf bekommen, in dem uns mitgeteilt wird, dass „gleich“ eine Mutter mit 2 Kindern kommt. Da haben wir auch keinen Vorlauf und der Landkreis im Übrigen auch nicht immer. Es ist so wie es ist und in solchen Zeiten hätte ich erwartet, dass die Gesellschaft zusammenhält – was der größte Teil der Gesellschaft ja auch tut.
Für uns als gemeinnütziger Verein ist es klar, dass wir dazu da sind, Menschen zu helfen. Hierfür schaffen wir Projekte wie unseren INKLUSIVEN und INTEGRATIVEN MehrGenerationenPark in Seggebruch, machen Veranstaltungen, beraten und vergeben Wohnungen an wirtschaftlich schwache Familien, Menschen mit Behinderung, Migranten und aber auch an alle anderen Personenkreise.
Vielleicht liegt es auch daran, dass manche Menschen ein falsches Verständnis von unserem Verein haben. Bei einem Verein wie unseren, zahlt man seinen Beitrag, damit der Verein seine Arbeit machen kann und seine Ziele umsetzen kann, also Menschen zu helfen und Projekte ins Leben zu rufen, um Menschen eine Perspektive zu geben und nicht um einen eigenen Nutzen davon zu haben.
Menschlichkeit ist nicht eine Frage der Abstimmung, es ist eine Haltung und sollte eine Selbstverständlichkeit für jeden sein!
Wir bedauern die Stimmungsmache uns gegenüber sehr und hoffen, dass sich die Lage kurzfristig beruhigt.
In Hinblick auf die steigenden Öl- und Gaspreise und unser aller Zukunft hoffe ich, dass die Gesellschaft weiter zusammenhält und Hass, Hetze, Missgunst, Neid und Fakenews keinen Raum zur Entfaltung lässt.
Danke, an alle unsere Unterstützern, die Fahrräder, Kindernahrung, Kleidung und viele andere Dinge für unsere Flüchtlinge gespendet haben!
Manuela Tarbiat-Wündsch
Vorstandsvorsitzende